Sagenhafte Orte: Burg Hohenstein in Staudach-Egerndach
Das Achental ist reich an Geschichte und Geschichten. Verborgene Orte, die einst eine große Bedeutung hatten, erzählen uns heute von vergangenen Zeiten und faszinierenden Ereignissen. Entdeckt mit uns die sagenhaften Orte in den Achental-Gemeinden Marquartstein, Schleching, Staudach-Egerndach und Unterwössen.
Es gibt Orte, die gibt es gar nicht mehr – von ihnen existieren nur noch Geschichten, Sagen und Erzählungen, und oft ist es schwer zu sagen, was davon wahr ist. So ein Ort ist die Burg Hohenstein in Staudach-Egerndach. Die Burg ist heute nur noch ein Bodendenkmal, ein im Boden verborgenes Zeugnis der Kulturgeschichte – lediglich ein paar wenige Mauerreste sind noch zu sehen. Der Schlossberg – der Ort, an dem die Burg einst stand – ist heute bis zur Unkenntlichkeit zugewachsen.
Burg Hohenstein zählt wohl zur Kategorie „missglückte“ Höhenburg: Sie war eher verkehrsungünstig gelegen über dem damals versumpften Talausgang der Ache. Der Burgplatz lag – in ausgesetzter Lage über der Schlucht des Alplbaches – zwischen zwei Armen des tosenden Gießbaches, der einen Teil des Burgbergs unterspült hat. Außerdem war die Burg in ihrer exponierten Lage durch Geröllschub und Steinschlag gefährdet.
Erbaut wurde Burg Hohenstein in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Hier waren die Chiemgaugrafen ansässig – nach ihrem Wegzug um 1075 auf die neue Burg ins benachbarte Marquartstein, saßen nur noch einige wenige Lehensmänner und Pfleger auf Burg Hohenstein. Um 1390 wurde sie dann endgültig verlassen, und sie verfiel.
Anna Kroher erzählt in ihrem Buch „Im Bannkreis der Großen Ache“ , dass in alten Schriften von einer „sehr wilde(n) und schauerliche(n) Burg“ die Rede gewesen sei, sie soll „außerordentlich wild und trotzig in das Tal geblickt haben. Am höchsten Punkt des Hohensteiner Burghügels „muß seiner Zeit ein runder Turm ins Tal geblickt haben; denn bis vor einigen Jahren unterschied man noch deutlich seine Form und die Türöffnung; jetzt ist alles sehr überwachsen und von Gestrüpp überwuchert.“ Am Schlossberg deutet heute nur noch ein Holzschild auf die Existenz von Burg Hohenstein hin – als Wanderer muss man schon sehr genau schauen, um es nicht zu übersehen.
Anna Kroher berichtet in ihren Erzählungen davon, dass es am Schlossberg einst gespukt haben soll: Der Geist der Jungfrau Kunigunde soll hier im 14. Jahrhundert sein Unwesen getrieben haben, nachdem die Burg bis auf die Grundmauern niedergebrannt und sie selbst vom Teufel geholt worden sei. Keiner anderen Jungfrau gelang es, ihre Seele zu befreien, alle, die es versuchten, ereilte dasselbe Schicksal wie die Gräfin Kunigunde.
Dann war es lange still um die Gräfin, aber Mitte des 19. Jahrhunderts lebte die Sage wieder auf. Zwei Damen in ihren 50ern sowie deren Bruder lebten zu der Zeit in Staudach im ehemaligen Gstatterhof, und der Bruder erzählte gerne Geschichten aus vergangenen Zeiten, so auch die der Gräfin Kunigunde. Die eine Schwester, das G’statterannamirl, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Spuk zu beenden. Sie machte sie sich auf den Weg zur Drachenhöhle, wo die Gräfin einst tot und splitternackt gefunden wurde. Zur gleichen Zeit wunderte sich der Förster, der des Nachts unterwegs war, was dort oben im Wald das Wild verschreckte. Da machte er die Entdeckung: „Das Gstatterannamirl im Evakostüm!“ Der Aufschrei des Försters erschreckte das Annamirl und sie glaubte, der Teufel selbst habe geschrien. Von da an war sie nicht mehr ganz bei Trost. Und der Geist der Jungfrau Kunigunde? Der wurde seither nicht mehr gesehen…
Literaturhinweise:
Kroher, Anna: Im Bannkreis der großen Ache vom Chiemsee bis zur bayerischen Grenze. Verlag Buchdruckerei Th. Breit Marquartstein, Neuauflage des 1917 und 1921 erschienenen Werkes, 1971.
Weithmann, Michael: Ritter und Burgen in Oberbayern. Streifzüge ins mittelalterliche Land zwischen Alpen, Donau, Lech und Salzach. Verlagsanstalt „Bayerland“ Dachau, 1999.
Wikipedia: Burgstall Hohenstein (Staudach-Egerndach) (aufgerufen am 20.11.2024)