Du bist Tourismus – Andi Hell, 1. Vorstand Trachtenverein d´Gamsgebirgler Schleching
Das Achental und der Tourismus – seit Jahrzehnten aufs engste miteinander verwoben und voneinander abhängig. Heute lässt sich mit Fug und Recht behaupten: die Gäste, die im Tal ihren Urlaub verbringen, tragen ganz maßgeblich zum Wohlstand der gesamten Region bei. Ohne die Abgaben für Zweitwohnung im Achental oder die Einnahmen durch den Tourismus hätten wichtige Infrastrukturmaßnahmen nicht umgesetzt werden können, gäbe es zahlreiche Arbeitsplätze nicht. Gastronomie, Hotellerie, private Vermieter – sie alle leben direkt von den Gästen. Doch auch indirekt schafft der Tourismus Arbeitsplätze, ist auch für Betriebe und Einzelhändler im Tal von enormer Bedeutung. Der Achental Tourismus hat sich umgehört und nachgefragt: welche Bedeutung hat der Tourismus für DICH?
Andi Hell– 1. Vorstand Trachtenverein d´Gamsgebirgler Schleching
Was macht für dich das Achental aus?
Die Liebe zu unserer Heimat und unseren Bergen kommt allein schon in unserem Vereinsnamen d’Gamsgebirgler zum Ausdruck. Unser Streben ist es eins sein mit unserer Bergheimat am Fuße des Geigelsteins im Tal der Tiroler Ache. Schleching hat sich über die Jahrzehnte seine Ursprünglichkeit bewahrt. Bei uns gibt es keinen Ausverkauf der Heimat und wir haben das auch in der Vergangenheit nie verfolgt. Wir sehen es als Privileg, dass wir hier wohnen und leben dürfen, dass wir hier alt werden dürfen. Es ist eine einzigartige Bergheimat, die wir hier bei uns im Achental haben. Schleching ist einer der schönsten Talabschlüsse in den bayerischen Alpen.
Was bedeutet der Tourismus für euch als Verein?
Wenn man mal rein die Ausrichtung des Trachtenvereins nimmt und Tourismus dagegenhält, ist ursächlich wohl wenig Gemeinsamkeit zu erkennen. Das ist aber nur die erste, oberflächliche Betrachtung. Wenn man dann die Geschichte anschaut und in die Vergangenheit leuchtet, ist es doch so, dass Trachtenverein und Tourismus sich angenähert haben, voneinander profitieren und sich gegenseitig befruchten. Bei uns war vor vielen Jahrzehnten schon immer der Tourismus ein Thema für den Trachtenverein. Wir haben Almtänze und Heimatabende gemacht und waren für die Gäste aktiv. Wir haben unsere Art zu leben den Gästen nähergebracht. Diese Art der Gäste-Unterhaltung ist passé. Mittlerweile wollen unsere Gäste und auch wir im Freien draußen zusammenkommen. Wir machen große Freiluftveranstaltungen auf dem Schlechinger Dorfplatz, wie das Sonnwendfeuer, das Sommernachtsfest oder unser großes Schlechinger Dorffest. Der Kontakt zu den Gästen wird gesucht. Im Wesentlichen geht’s beim Trachtenverein um Heimat und die Gemeinschaft miteinander, gemeinsam was anpacken und die Leute daran teilhaben lassen. Wir möchten die Gäste mitnehmen und ihnen einen Einblick ins Vereinsleben und unsere Tätigkeit gewähren. Der Trachtenverein profitiert vom Tourismus und der Tourismus vom Trachtenverein. Für uns sind diese Veranstaltungen Auftrittsmöglichkeiten, bei denen die Kinder, die Jugend, der Nachwuchs und die Aktiven eine Möglichkeit haben, ihr Können zu zeigen. Demgegenüber ist dieses Angebot an den Gast zu sehen, wie bei uns diese Dorfgemeinschaft und Lebensgemeinschaft im Ort gepflegt wird. Es ist ein Synergieeffekt. Beide Teile profitieren hiervon.
Wie ist der Austausch zwischen Trachtenverein und Touristen/Zweitwohnungsbesitzern?
Wir kommen gut in Kontakt. Gerade bei Veranstaltungen entstehen Gespräche und Unterhaltungen, wo man sich zusammensetzen kann und die primäre Philosophie der Gamsgebirgler lebt: etwas miteinander machen, planen, zusammensitzen und dann auch durchführen. Der Gast merkt, dass er daran teilhaben und dabei sein kann. Wenn Gäste oder Zweitwohnungsbesitzer da sind, wollen sie mitmachen, dabei sein und sich einbringen.
Wäre das Vereinsleben genauso aktiv ohne den Tourismus im Tal?
Die Frage ist recht spekulativ. Aber ich komme nochmal darauf zurück, was ich zuerst gesagt habe. Die Ausrichtung des Trachtenvereins war schon in den 50er, 60er und 70er Jahren zum Teil auf Gäste und den Tourismus gelegt. Ich glaube, dass die Entwicklung des Trachtenvereins nicht so aktiv gelaufen wäre ohne den Tourismus. Derzeit sind viele Vereine, gerade auch die Gamsgebirgler, sehr aktiv und wir partizipieren ganz eindeutig vom Zusammenspiel mit den Gästen.
Identifikation mit der Heimat und Zusammenhalt mit einer gelebten Gemeinschaft sind die wesentlichen Inhalte unseres Vereinslebens. Wir setzen uns für unsere Gebirgsheimat ein. Kultur und Brauchtum werden bei uns in Schleching seit über 100 Jahren authentisch gelebt und gepflegt. Insofern verkörpern die Gamsgebirgler durch den Vereinszweck und ihre Aktivitäten seit Bestehen auch ein wichtiges Zielkriterium des Bergsteigerdorfgedankens. Auch das wird von unseren Gästen durchaus erkannt.
Hättet ihr genauso viele Veranstaltungen ohne den Tourismus?
Veranstaltungen in der Anzahl hätten wir wohl nicht, weil die Möglichkeiten fehlen würden und wir gar nicht den Anreiz hätten. Wenn ich auf das Schlechinger Dorfgeschehen schaue, ist der Trachtenverein eine starke Triebfeder für die Veranstaltungen. Wir machen sehr viel für die Gäste. Seit Jahrzehnten organisieren wir Veranstaltungen und schauen, dass Gäste unterhalten werden. Im Gegenzug schätzen wir die Auftrittsmöglichkeiten, die sich daraus ergeben. Es läuft wirklich gut und unsere Veranstaltungen sind aus dem Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken.
Habt ihr einen Wunsch an uns?
Ich wünsche mir, dass die offene Zusammenarbeit so weiter fortgesetzt wird und weiterhin so positiv gestaltet wird, dass wir Gehör finden und dass wir weiterhin bei Veranstaltungsankündigungen und der Gleichen mit eingebunden werden.
Und noch eine persönliche Meinung von mir: Ich war und bin ein großer Befürworter für den Zusammenschluss des Tourismus im Achental und ich bin dankbar, dass es jetzt so ist. Weitaus größere Destinationen wie z.B. Südtirol machen es vor. Es ist einfach eine ganz andere Effizienz und Wirkungsweise, wenn man als größere Einheit auftritt, als wenn man als kleines Schleching versucht auf dem großen Tourismusmarkt konkurrenzfähig zu sein.