Auf a Wort im Achental mit Caro Egger und Roland Polleichtner vom Trachtenverein Marquartstein
Der Trachtenverein G.T.E.V. Marquartstein-Piesenhausen hat sich, wie alle Trachtenvereine in unserer Region, der Bewahrung und Förderung der regionalen Kultur und der Traditionen verschrieben. Der Verein pflegt lokale Bräuche, Tänze und Trachten, die seit Generationen weitergegeben werden und organisiert regelmäßig Veranstaltungen und Feste, bei denen Einheimische und Besucher die bayerische Kultur hautnah erleben können. Mit ihrem Engagement tragen die Mitglieder des Trachtenvereins entscheidend zur kulturellen Vielfalt und Identität unserer Region bei. Wir haben den 1. Vorsitzenden Roland Polleichtner und Caroline Egger von den Röckifrauen am 2. August 2024 in der Tourist-Info im Alten Bad in Unterwössen zum Interview getroffen.
Das Interview gibt es auch als Podcast zum Anhören:
Könnt ihr uns etwas über die Geschichte des Trachtenvereins Marquartstein erzählen? Wann wurde er gegründet und welche Ziele verfolgt er?
Roland: Der Trachtenverein Marquartstein wurde 1920, der Trachtenverein Piesenhausen im Jahr 1926 gegründet. Zu dieser Zeit gehörte Piesenhausen noch zur Gemeinde Grassau und Marquartstein zum Teil zu den Gemeinden Unterwössen und Schleching. 1938 wurde die Gemeinde Marquartstein gegründet. Seit 1962 gehören die Ortsteile Niedernfels, Pettendorf und Piesenhausen zu Marquartstein. Mit großer Weitsicht haben die damaligen Vorstände der Trachtenvereine Marquartstein und Piesenhausen 1968 beide Vereine zum G.T.E.V Marquartstein-Piesenhausen zusammengelegt. Heute haben wir 350 Mitglieder: Kinder- und Jugendgruppen, Aktive, Röckifrauen und Goaßlschnalzer, um nur einige zu nennen.
Ziel des Vereins ist die Pflege und der Erhalt des Brauchtums: Musik und Tänze wie Dirndldrahn und Plattln und natürlich die Tracht. Wir “Alten” haben die Aufgabe, das alles weiterzugeben an die nächste Generation. Nicht die Asche hüten, sondern das Feuer weitergeben, wie man so schön sagt.
Wir gehen dabei mit Vorbild voran und tragen die Tracht nicht nur zu besonderen Anlässen, sondern gehen auch mal in Tracht in die Arbeit oder zu einem Geburtstag. Heute ist Tracht wieder sehr angesagt – das war in den 90er Jahren mal ganz anders.
Caroline: Bei uns Frauen heißt das Festtagsgewand “Röcki”. Die Frauen-Tracht ist schwarz und kann je nach Verein und Anlässen leicht variieren, z. B. die schwarzen Stoffe mit leichtem Muster und besetzt mit unterschiedlichen Borten, ein besticktes, weißes Einstecktuch und je nach Anlass verschiedenfarbige Schürzen. Bei einer Beerdigung z.B., da können Schürze und Tuch auch in dunklen Farben getragen werden. Die Festtagstracht der Röckifrauen in unserer Gemeinde ist mit einer zartgoldenen Schürze und weißem, besticktem Einstecktuch und dem Priener Hut. Die unverheirateten Mädchen tragen bei uns rosa Schürzen und Tücher. An der Farbe der Schürzen kann man die Vereine unterscheiden. Im Alltag orientieren wir uns bei unserem Dirndlgwand schon auch am Zeitgeist und lassen uns bei Stoffen und Schnitten auch auf Instagram inspirieren. Beim Festtagsgwand – also dem Röcki – bleiben wir ganz traditionell.
Roland: Die Tracht lebt – ist also lebendig. Auch bei den Männern unterscheiden sich die einzelnen Gemeinden. Der Gamsbart gehört immer dazu. Erfreulich ist, dass junge Leute wieder Lust auf Tracht haben. Das wird auch in den Familien weitergegeben. Und bei den Zugezogenen kommen die Kinder zu uns durch Kindergarten und Schule. Die Kinder wachsen da hinein. Das freut uns sehr.
Caroline: Bei mir, wie auch beim Roland, ist die gesamte Familie aktiv mit dabei. Mir ist aber wichtig, dass es keine Verpflichtung ist. Dennoch: Ich bin immer auf der Suche nach neuen “Röckifrauen”. Ich nehme gerne Bewerbungen entgegen. Herzblut sollten die Frauen in jedem Fall mitbringen.
Welche regelmäßigen Veranstaltungen organisiert der Trachtenverein und welche sind die Highlights?
Roland: Es gibt die Proben für die Auftritte – das ist je nach Saison mehr oder weniger aufwändig. Nachdem im Laufe der Jahre einige Anlässe wie Almtänze weggefallen sind, sind wir gerade für die Kinder immer auf der Suche nach möglichen Anlässen für Auftritte. Seit kurzem verbinden wir auch die Standkonzerte mit Auftritten vom Trachtenverein.
Caroline: Wir kommen gerne zu den Standkonzerten der Musikkapelle, zu Dorffesten und gehen auch ins Altersheim. Es ist dann immer eine Bereicherung für beide Seiten, wenn wir auftreten können. Wenn die Kinder auftreten, kommen auch die Eltern und schon haben wir ein größeres Publikum. Das Highlight für uns im Veranstaltungsjahr ist das alljährliche Waldfest in Marquartstein, das dieses Jahr am 11. August stattfindet. Ein schöner schattiger Platz, die Kinder können sausen, die Eltern sind entspannt und das Fest fügt sich wunderbar in den Ort ein. Einfach griabig!
Marquartstein hat ja Ende 2023 den Zuschlag für das Gaufest 2026 bekommen. Was genau ist ein Gaufest?
Roland: Es war eigentlich seit 100 Jahren klar, dass wir das Gaufest bekommen, weil der Chiemgau Alpenverband hier vor 100 Jahren im Gasthof Hofwirth gegründet wurde und hier auch seinen Sitz hat.
Caroline: Ein Gaufest ist im Prinzip eine Art Familienfest der 23 Vereine vom Chiemgau Alpenverband. Ein Gau ist also ein Verband von Trachtenvereinen.
Roland: Der Hauptfesttag eines Gaufests ist der Festsonntag. Es ist immer der letzte Sonntag im Juli.
Wann geht es los mit den Vorbereitungen? Was bedeutet das Fest für den Trachtenverein, die Gemeinde Marquartstein und das Achental?
Roland: Wir haben jetzt zwei Jahre Zeit für die Vorbereitungen und die brauchen wir auch. Man rechnet mit 3000–4000 Teilnehmern und nochmal so vielen Zuschauern. Wir sind jetzt schon dabei zu planen: Wo ist der Festplatz, wo der Parkplatz, wer macht die Bewirtung? Ein Festwirt muss her, ein Schankwirt, eine Küche, eine Brauerei. Wir haben einen Festausschuss für die einzelnen Gewerke. Der Platz steht auch schon fest: Am Ortsausgang Marquartstein rechts, nördlich vom Heizwerk.
Caroline: Hier schlägt auch der Fachkräftemangel zu. Es ist nicht so, dass wir die Auswahl unter 10 Anbietern haben, sondern wir müssen schauen, wer hat die Kapazitäten so ein großes Fest zu stemmen und wer hat dann auch Zeit? Für den Tourismus ist so ein Fest auch ein Glück, denn wir haben schon die ersten Buchungen von Stammgästen für diesen Zeitraum.
Das Gaufest 2026 wird ja für den gesamten Gauverband ein besonderes sein: Der Chiemgau Alpenverband wurde 1926 in Marquartstein, gegründet und wird zum Gaufest 2026 100 Jahre alt: https://chiemgau-alpenverband.de/ Was bedeutet das für das Gaufest 2026? Wie besonders wird das Fest werden?
Caroline: 1996 war das letzte Gaufest in Marquartstein. Das ist jetzt schon lange her. Für die jungen Menschen ist es also das erste Gaufest. Die Vorfreude ist groß. Es ist aber auch eine Verpflichtung. Denn hier müssen wirklich alle mit anpacken – das ganze Dorf. Es ist eine Dorfgeschichte. Ich hoffe, auch alle Vereine packen mit an. Wir haben uns auch das Gaufest Aschau in diesem Jahr ganz genau angeschaut und werden auch das Gaufest 2025 in der Feldwies in Übersee mit besonderem Augenmerk besuchen.
Roland: Das Gaufest 2026 soll ein ganz normales und sehr schönes Fest für Alt und Jung werden mit viel Freude am Feiern.
Was ratet ihr Touristen, die das Achental besuchen? Welche Veranstaltung im Achental sollten sie nicht verpassen
Caroline: Ich schätze sehr den wöchentlichen Gästenewsletter und gebe die Veranstaltungshinweise immer an meine Gäste weiter. Es findet jeder was für sich. Hier wird einfach viel geboten.
Was bedeutet für dich Heimat?
Roland: Heimat ist da, wo ich daheim bin. Wo meine Familie und meine Freunde sind. Da, wo ich jeden kenne und sein kann, wie ich bin. Hier im Achental ist sowieso der schönste Ort, den ich kenne. Wir sind im Paradies. Das ist mein Daheim.
Caroline: Für mich bedeutet Heimat, wo man sich auskennt, wo man daheim ist, wo die Familie ist.
Was ist für dich „Typisch Achental“?
Caroline: Wir haben es schon sehr schön hier. Das Achental ist speziell: Wir haben einen sanften Übergang vom See ins Voralpenland. Es ist schee hier und für jeden was dabei
Roland: Typisch Achental ist natürlich die Ache, die Berge, die Leute, die Sprache. Jedes einzelne Dorf mit seinen Festen. Wir Achentaler halten zusammen und sind aus meiner Sicht schon was Besonderes.
Wo ist dein Lieblingsplatz im Achental und warum?
Roland: Es gibt so viele. Meiner ist das Schnappenkircherl. Du musst dich rauf schinden, hast deine Ruhe da oben, und ich wohne genau drunter. Das ist schon bärig.
Caroline: Mein Lieblingsplatz ist tatsächlich zuhause unter meinem Apfelbaum. Da sitze ich einfach so gerne, auch wenn alle schon im Haus sind und denke nach und „komme runter“.
Welches ist dein liebster Brauch oder deine liebste Tradition?
Caroline: Die liebste Tradition ist für mich die Wallfahrt nach Raiten an Christi Himmelfahrt. Das ist für mich ein fester Termin. Und Brauch: Da zählt für mich der Fasching dazu. Den kann man auch in jeder Form begehen, z.B. mit einer Faschingshochzeit, aber auch einfach mit Feiern, sich maskieren und a Gaudi haben.
Roland: Meine liebste Tradition – da schließe ich mich gerne der Caro an: An Christi Himmelfahrt nach Raiten gehen, das gehört einfach dazu. Und das Waldfest in Marquartstein. Auf das freue ich mich immer. Und der Gaufest-Sonntag. Da bin ich mit meinen Kindern schon hingegangen und jetzt gehe ich mit meinem Enkel hin. Den ganzen Tag ist dort ein großartiges Programm geboten.
Was ist ein perfekter Tag für dich im Achental?
Caroline: Perfekte Tage gibt es ja in jeder Jahreszeit mindestens einen. Meiner ist nicht zu heiß, dann was unternehmen und im Anschluss sich noch entspannen, vielleicht bei einer Tasse Kaffee und mit Freunden treffen – das ist der perfekte Tag für mich.
Roland: Wenn das Wetter schön ist, draußen auf der Terrasse frühstücken, auf die Hochplatte schauen, dann aufs Radl steigen, eine Tour machen, in den Wessei oder den Chiemsee hüpfen oder im Winter eine Skitour oder langlaufen gehen. Am Abend dann den Sonnenuntergang schauen, der in Freiweidach traumhaft ist – das ist schon nahezu perfekt.
Welches ist dein bayerisches Lieblingswort? Und was bedeutet es?
Roland: Meins ist “fei”. Das kannst du immer und überall hernehmen.
Caroline: Gibt es brutal viele. Ich kann mich gar nicht festlegen. Ich mag “griabig”, “grimmig”, “bärig” – aber es gibt noch so viele mehr.
Kurze Fragen zur Kulinarik in Bayern:
Bosna oder Weißwurst?
Roland: Weißwurst
Caroline: Alles zu seiner Zeit!
Leberknödel oder Spinatknödel?
Roland: Leberknödel
Caroline: Spinatknödel
Schweinsbraten oder Chiemseerenke?
Roland: Beides
Caroline: Schweinsbraten – am liebsten von der Mama.
Berggehen oder Bergradeln?
Roland: Beides
Caroline: Bergradeln
Berggipfel oder Bergsee?
Roland: Berggipfel
Caroline: Beides in Verbindung miteinander
Alpinski oder Nordicski?
Roland: Beides
Caroline: Alpin
Was ist dein Lebensmotto?
Roland:
Leben und leben lassen.
Caroline:
Schau mer moi, dann seng ma’s scho.
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