Achentaler Wörterbuch
Dialekt ist etwas Wunderbares – etwas, das eine Region und die Menschen, die dort leben, einzigartig macht. Im Achental und im Chiemgau gibt es Ausdrücke und Redewendungen, die charakteristisch für die Gegend sind – hier stellen wir sie euch vor. Falls ihr weitere Ausdrücke kennt, die es nur im Achental gibt – her damit, wir freuen uns über eure Vorschläge!
A
a diam
[àdiàmm]
Bairisch für ab und zu, manchmal, gelegentlich
Wortart: Adverb
Verwendung: A diam daad i am liaban ois hischmeissn.
“A diam” fällt im Gespräch mit Einheimischen sofort auf. Es bedeutet “ab und zu”, “manchmal”, “gelegentlich” – und hat es vom Lateinischen (interdum + aliquando) über das Althochdeutsche (etjewenn) in den alltäglichen Sprachgebrauch im Achental geschafft. Und des ned bloß a diam…
D
Daxn
[ˈdàksn]
Bairisch für Tannenzweige
Wortart: Nomen
Verwendung: “Aus dene Daxn werd a Adventskranz bundn.”
In der Adventszeit ist unser Dialketwort “Daxn” wieder in aller Munde. Daxn werden bei uns im Achental Tannenzweige genannt. Dabei ist nicht ganz klar, wo “Dax”, das Dialektwort für Nadelbaumgeäst, eigentlich herkommt: Es könnte sich von “Taxazeen” (Koniferen, Nadelhölzer, Taxus = Eibe) ableiten, es könnte aber auch von den Vorfahren aus dem alpenländischen Raum – Indogermanen, Germanen oder Kelten – kommen. Dafür spricht, dass das Wort nur noch im Alpenraum gebräuchlich ist.
F
fei
[fai]
Bairisch für einen ganzen Kosmos an Bedeutungen
Wortart: Abtönungspartikel
Verwendung: „Kimm fei ned z’spat hoam!“ – als Warnung, “Pass fei auf!” – als Bitte; generell kann man mit “fei” etwas unterstreichen, betonen oder auch relativieren
„Fei“ ist wohl eines der kürzesten bayerischen Wörter – aber wahrscheinlich das mit den meisten Bedeutungen. „Fei“ leitet sich ab vom lateinischen „finis“ (Grenze, Ende) und kam über das Französische („fin“) um das 12. Jahrhundert herum nach Bayern. Mit „fei“ kann man praktisch alle Gefühlszustände ausdrücken. Glaubt ihr nicht? Darauf gibt es nur eine Antwort: „Fei scho!“ (=Ganz besonders schon!).
G
gfeid
[gfàid]
Bairisch für pfiffig, witzig, schlau, raffiniert – eine gfeide Person kann aber auch durchtrieben oder mit allen Wassern gewaschen sein
Wortart: Adjektiv
Verwendung: “Wer kennt von eich de Heidi, des is a Gfeide” (Heidi, Django 3000)
Der bayerische Dialekt mag es gerne, wenn ein Wort nicht nur eine eindeutige Bedeutung hat. Werden Kinder als “gfeid” bezeichnet, ist das durchweg positiv gemeint: schlau, witzig, pfiffig. Werden jedoch Erwachsene “gfeid” genannt, kommt das ganz auf den Kontext an – vor so jemandem sollte man sich durchaus in Acht nehmen… Also immer gut zuhören! Wir finden: „Des is ganz schee gfeid.“
Gfiarig
[gfiàrig]
Bairisch für angenehm oder umgänglich, wird durchweg positiv verwendet.
Wortart: Adjektiv
Verwendung: des is a gfiariger Gast
Weiter geht’s im Dialekt-Lehrplan: Das Adjektiv „gfiarig“, das auch eines der bayerischen Lieblingswörter von Landtagspräsidentin Ilse Aigner ist. Das Wort „gfiarig“ leitet sich ab von fahren, und in einem Volkslied aus dem Allgäu kommt es im Zusammenhang mit Schnee und Skifahren vor: „Zwoa Brettl, a gführiger Schnee, juchhe“. Bei uns im Achental wird es durchweg positiv und meistens in Bezug auf Personen verwendet. Wenn euch Einheimische als „gfiarig“ bezeichnen, dürft ihr euch also durchaus freuen.
Griabig
[griàbig]
Bairisch für gemütlich
Wortart: Adjektiv
Verwendung: a griabige Wirtschaft „Mei is des girabig heid“
„Mei, is des griabig!“ Unser Dialektwort “griabig” ist absolut positiv besetzt und beschreibt eine Eigenschaft, die Personen, Orte oder auch Momente haben können. Unser bairisches „griabig“ (oder auch „griawig“) kommt vom mittelhochdeutschen Wort „gerüewec“oder „geruowec“, was „ruhig, langsam, gelassen“ bedeutet. Fest steht: Wenn’s griabig ist, hat man alles richtig gemacht – und den wahrscheinlich höchsten aller bayerischen Gemütszustände erreicht.
Grimmig
[grimmig]
Bairisch für beeindruckend, griabig, im Achental durchweg positiv besetzt
Wortart: Adjektiv
Verwendung: Mei, des war a grimmigs Dorffest!
Das Dialektwort “grimmig” spaltet die (Dialekt-)Gemüter: „grimmig“ bedeutet im Achental nämlich etwas durchweg positives – und hat z.B. mit einer grimmigen Miene, wie man sie sonst aus dem Hochdeutschen kennt, nichts gemein. Das bairische „grimmig“ heißt soviel wie beeindruckend, richtig gut. Meint man hingegen das hochdeutsche „grimmig“, verwendet man bei uns wohl eher „grantig“. Der bayerische Dialekt is scho ganz schee grimmig, oder?
H
haglbuachan
[håglbuàchàn]
Bairisch für einen derben, groben, ordinären Menschen
Wortart: Adjektiv
Verwendung: Da oide Mayer is a haglbuachana Grattler.
Die Bayern sind ja bekanntlich grantig, und das mit Stolz. Wird ein Mensch bei uns als “haglbuachan” bezeichnet, hat das mit Grant nicht mehr viel zu tun. Ein haglbuachana Mensch ist derb, ordinär, ausfallend, aber auch unverwüstlich – und im Unverwüstlichen liegt der Ursprung unseres Dialektwortes: Haglbuachan bedeutet “aus dem Holz der Hagebuche (auch Hainbuche) gemacht” – und die hat bekanntlich das härteste Holz in unseren Breitengraden.
Haum
[haum]
Bairisch für Mütze
Wortart: Nomen
Verwendung: Setz da a Haum auf, es schneibt!
Bei diesem Dialektwort, das zu unseren bayerischen Lieblingswörtern gehört, braucht es keine große Erklärung: Die “Haum” leitet sich sehr wahrscheinlich ab vom mittelhochdeutschen “hūbe” mit der ursprünglichen Bedeutung “gewölbt, (nach oben) gebogen”, eigentlich = die Gebogene und ist bei uns im Achental sowie in ganz Bayern sehr gebräuchlich – viel gebräuchlicher als das hochdeutsche Wort “Mütze”. Das Wort “Haum” versteckt sich noch in weiteren bayerischen Ausdrücken: “haum voi”: sehr betrunken sein oder auch “Haumdaucher”: Versager, Verlierer, aber auf eine nette Art und Weise gesagt.
M
Massl hom
Bairisch für „Glück gehabt“.
Wortart: Nomen und Verb
Verwendung: „Do hob i aber Massl ghobt!“
Die Redewendung “Massl hom” heißt bei uns im Achental so viel wie “Glück gehabt”.
Märzenkaibe
[mæʁt͡sn’kajbe]
Bairisch für erhöhte Erkältungsgefahr im März
Wortart: Nomen
Verwendung: “Pass auf, sonst stesst di s’Märzenkaibe!”
Wenn im März die ersten warmen Sonnenstrahlen trügerische Wärme vermitteln, es im Schatten aber noch ganz schön frisch ist – dann muss man sich bei uns im Achental vor dem Märzenkaibe in Acht nehmen! Je nach Sprachgebrauch in der Familie kann einen das Märzenkaibe beißen, stoßen (=stessn), erwischen – gemeint ist letztlich dasselbe: erhöhte Erkältungsgefahr wegen zu sommerlicher Kleidung.